«Alle Mitarbeitenden dürfen mitentscheiden»
Das Unternehmen Kunz Sport AG betreibt in Willisau und Sursee insgesamt drei Sportgeschäfte. Wir haben uns mit Geschäftsführer Ivo Pfister darüber unterhalten, mit welchen Massnahmen er die in Zeiten des Fachkräftemangels so wichtige Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden erreichen konnte.
Das Thema Fachkräftemangel ist omnipräsent – auch in der Sportartikel Branche. Aus diesem Grund haben wir den «5. Sport Business Network Day» auch zu diesem Thema organisiert mit den Inputs von Generationenforscher und Psychologe Rüdiger Maas. Die wichtigsten Erkenntnisse dazu gibt es hier zum Nachlesen.
Zudem haben wir einen zweiteiligen Beitrag realisiert, in dem wir die Perspektive der Sportartikel-Händler beleuchten. Im ersten Teil haben wir uns mit dem Grossunternehmen Ochsner Sport befasst und in diesem Artikel widmen wir uns der Kunz Sport AG, ein Unternehmen mit 58 Mitarbeitenden – davon 13 Lernende – und drei Filialen an zwei Standorten.
«Wenn wir eine neue Führungskraft suchen, dann involvieren wir die bestehenden Mitarbeitenden in den Prozess.»
– Ivo Pfister
Alle dürfen mitreden
Ivo Pfister ist Geschäftsführer und Mitinhaber. Über die letzten Jahre hat auch er – wie viele andere – festgestellt, dass sich die Arbeitswelt verändert und der Fachkräftemangel immer mehr zum Thema wird. Also hat er beschlossen, neue Wege zu gehen. Nicht zuletzt auch wegen seiner Frau, die im Bereich der sozialen Arbeit tätig ist, und die ihrem Mann immer wieder gesagt hat, dass man die Mitarbeitenden und ihre Arbeit nicht isoliert betrachten kann, sondern nur als Gesamtsystem. «Die Mitarbeitenden, die Arbeitskollegen und auch die Vorgesetzten spielen in diesem System alle eine wichtige Rolle», sagt Ivo Pfister.
Doch welche neuen Wege hat man denn nun eingeschlagen? Massnahme eins: «Alle Mitarbeitenden dürfen mitentscheiden». Dieses Credo wird hochgehalten. Ivo Pfister nennt ein Beispiel: «Wenn wir eine neue Führungskraft suchen, dann involvieren wir die bestehenden Mitarbeitenden in den Prozess. Sie sollen mitentscheiden können, schliesslich arbeiten sie täglich mit dieser neuen Person zusammen.» Doch nicht nur bei Personalentscheiden werden die Mitarbeitenden involviert. Sie dürfen auch Vorschläge zur Sortimentsgestaltung einbringen – beispielsweise wenn sie eine neue Marke entdeckt haben.
Viel Freiheit
Ebenfalls viel Mitspracherecht hatten die Mitarbeitenden beim Umbau der Filiale. «Wir haben sie aktiv miteinbezogen und sie gefragt, was sie an der Filiale vor dem Umbau am meisten gestört hat. Diese Inputs sind dann in die Planung der neuen Filiale miteingeflossen», so Pfister. Auch im operativen Alltagsgeschäft lässt er seinen Mitarbeitenden viel Freiraum. «Wir setzen die Leitplanken. Innerhalb dieser Vorgaben dürfen die Mitarbeitenden ihre Entscheidungen jedoch selbstständig treffen – beispielsweise müssen sie nicht jedes Mal fragen, wenn sie einem Kunden oder einer Kundin einen Rabatt geben wollen. Sie wissen, in welchem Rahmen sich der Rabatt bewegen darf», nennt Pfister ein weiteres Beispiel.
Das Mitspracherecht und der Einbezug in wichtige Entscheidungen werden seit mittlerweile drei Jahren praktiziert. Und die Neuerungen kommen gut an. «Wir haben fast nur positive Rückmeldungen erhalten. Zudem haben wir auch festgestellt, dass es weniger Gruppenbildungen innerhalb des Teams gibt und neue Personen schneller ins Team eingearbeitet werden, seit die Mitarbeitenden in die Personalentscheide miteinbezogen werden», sagt Pfister.
Viel Vertrauen und Verantwortung
Auch bei den Lernenden beschreitet das Unternehmen neue Wege. In Sursee führen die Lernenden seit zwei Jahren eigenständig eine Filiale. Dies unter dem Motto «Kunz4young». Die Lernenden bestimmen, wie die Erstbestückung der Filiale aussieht, sie sind für die Kasse zuständig, sie machen die Arbeitspläne selbst, sie kümmern sich um Social Media und sie sind auch dafür verantwortlich, dass die Filiale immer sauber und aufgeräumt ist. «Natürlich stehen den Lernenden in allen Bereichen Ansprechpersonen zur Verfügung, aber grundsätzlich stehen sie selbst in der Verantwortung und können das, was sie in der Schule gelernt haben, in der Praxis anwenden», so Ivo Pfister und fügt hinzu: «Diese Massnahme kommt bei den Lernenden sehr gut an. Sie schätzen es, dass wir ihnen so viel Verantwortung und Vertrauen entgegenbringen.» Und das hat auch bereits positive Effekte generiert. «Unsere Lernenden haben neue Lernende davon überzeugt, bei uns eine Ausbildung zu machen, weil es ihnen so gut gefällt. Und wir hatten in den letzten Jahren überdurchschnittlich viele Lernende, welche die Abschlussprüfung mit einer Ehrenmeldung – also einer Abschlussnote über 5,4 – bestanden haben», freut sich Ivo Pfister. Kunz4young kommt auch bei den Kunden und der Branche gut an. Es zeigt sich: Mut zur Veränderung kann sich durchaus bezahlt machen.