«Die Menschen lassen sich nicht so leicht von ihrer Leidenschaft abbringen»

«Schnee von morgen: Chancen und Herausforderungen für den Schneesport» – so lautete der Titel der Podiumsdiskussion am SportBusinessNetworkDay der Verbände SPAF und ASMAS in Sursee. Obwohl das Thema nicht ganz zur Jahreszeit passte, war das Podium für die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter aus der Sportartikelbranche hochspannend und relevant.

Das «Weisse Band» von Adelboden – die Weltcuppiste am Chuenisbärgli im Jahr 2023, die mitten durch die ansonsten grüne Landschaft führte – markierte den symbolischen Einstieg in die Podiumsdiskussion rund um die Zukunft des Schneesports in der Schweiz. Markus Wolf, der Präsident des Verbands Schweizerischer Sportartikel-Lieferanten SPAF, führte die Diskussion und hatte dafür hochkarätige Gäste eingeladen. Thomas Morand, CEO von Bächli Bergsport AG, Berno Stoffel, Direktor Seilbahnen Schweiz, Diego Züger, Co-CEO Swiss-Ski, Janine Bunte, CEO Schweizer Jugendherbergen, und Prof. Dr. Erich Fischer, Klimaforscher an der ETH Zürich, waren mit von der Partie.

«Ich bin mir sicher, dass wir auch 2050 noch Skifahren werden.»

– Diego Züger, Co-CEO Swiss-Ski

Aber zurück zum «Weissen Band», das – zumindest medial – wiederholt als Symbolbild für die Klimakrise und das vermeintliche Ende des Schneesports in der Schweiz verwendet wurde. Doch wie steht es wirklich um die Zukunft des Schneesports? Ist er wirklich am Ende oder gibt es Lösungen? Genau darüber wurde diskutiert. Klimaforscher Erich Fischer lieferte zum Einstieg eine kurze Einordnung der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse. Bis 2050 steigt die Schneefallgrenze im Vergleich zu heute nochmals um rund 300 Meter, die Schneedecke wird je nach Höhenlage um 10 bis 30 Prozent schrumpfen und auch die Eistage werden im ähnlichen Masse zurückgehen. «Es wird auch in Zukunft noch schneereiche Winter geben, aber auch ihre Anzahl wird abnehmen», so Fischer.

Drei Strategien

Die Konsequenz daraus ist, dass es in den nächsten Jahren für Wintersportdestinationen unterhalb von 2000 Metern über Meer zunehmend schwierig werden wird, den Betrieb aufrecht zu erhalten. Das weiss man auch bei den Schweizer Seilbahnen. Direktor Berno Stoffel erläuterte, wie man mit dieser Unsicherheit umgeht und skizzierte dafür drei Strategien: Die höher gelegenen Destinationen sollen auch in Zukunft weiter auf den Schnee setzen. «Mit leistungsstärkeren Beschneiungsanlagen, mit Anpassungen im Skigebiet – beispielsweise mehr Pisten an Nord- als an Südhängen – und mit Justierungen bei den Talabfahren und Zubringerbahnen wird auch in Zukunft Schneesport möglich sein», so Stoffel.

In den Destinationen knapp unter 2000 Metern, wo die Schneelage je länger, je unsicherer werden wird, sieht die Strategie der Schweizer Seilbahnen vor, dass die schneeunabhängigen Zusatzangebote ausgebaut werden sollen. Dazu gehören Fun, Kulinarik, Seminare, Kongresse und ähnliches. Destinationen, die bereits heute mit Schneemangel zu kämpfen haben, sollen derweil ihre Investitionen in den Ausbau des Sommergeschäfts stecken. «Die Schweizer Berge haben international eine grosse Anziehungskraft, dieses Potenzial kann sicher noch besser genutzt werden – gerade auch im Sommer», sagt Stoffel.

Viel Zuversicht, aber auch noch viel Arbeit

Die restlichen Podiumsteilnehmenden begrüssten das Engagement der Schweizer Seilbahnen und stimmten den Strategie-Absichten zu. Janine Bunte merkte zudem an, dass diese Weiterentwicklung der Berg-Destinationen zwingend im Dialog mit allen involvierten Parteien erfolgen müsse. «Für uns ist das touristische Angebot einer Destination entscheidend. Wenn das überzeugt, dann funktioniert auch die gesamte Destination. Wenn also eine Transformation einer Destination ganzheitlich mit allen Beteiligten angegangen wird, bin ich sehr zuversichtlich, dass sie gelingen wird», so Bunte.

Diese Zuversicht teilt auch Thomas Morand. Der CEO der Bächli Bergsport AG sagt: «Die Menschen lassen sich nicht so leicht von ihrer Leidenschaft abbringen. Aber es ist natürlich so, dass wir den Fakten ins Auge blicken und diese akzeptieren müssen. Das wird Veränderungen mit sich bringen, an die sich die Kunden erst noch gewöhnen müssen.» Dieser Ansicht ist auch Diego Züger. Der Co-CEO von Swiss-Ski meinte in seinem Schlussvotum: «Ich bin mir sicher, dass wir auch 2050 noch Skifahren werden. Allerdings wird dabei der technische Schnee eine grössere Rolle spielen als heute. Der Skisport ist heute für viele noch eines der letzten romantischen Rückzugsgebiete, wo man das Gefühl hat, es müsse immer alles komplett mit natürlichem Schnee möglich sein. Davon müssen wir wegkommen. Schliesslich spielen wir ja auch Fussball auf Kunstrasen und klettern in Hallen.» Bei aller Zuversicht, welche die Podiumsteilnehmenden in Sursee trotz den starken klimatischen Veränderungen in den letzten Jahrzehnten versprühten, waren sich alle einig, dass noch viel Arbeit ansteht. Stellvertretend dafür die Aussage von Klimaforscher Erich Fischer: «Es freut mich, wie ernst die involvierten Parteien die Thematik nehmen und die Ideen sind absolut überzeugend. Jetzt müssen sie aber auch in die Tat umgesetzt werden und das braucht noch sehr viel Arbeit.»