Ist der Skitourismus in der Schweiz wirklich Schnee von gestern?

Am 6. Sport Business Network Day der beiden Verbände SPAF und ASMAS haben sich rund 130 Personen aus Sportindustrie und Sporthandel zum Austausch im Campus Sursee getroffen. Hauptthema dabei war die Zukunft des Skitourismus in der Schweiz.

Schmelzende Gletscher, abgesagte Ski Weltcuprennen, immer weniger Schneetage – wer die jüngste Medienberichterstattung zum Wintersport eng verfolgt hat, der kann eigentlich zu keinem anderen Schluss kommen, als dass der Wintersport hierzulande kurz vor dem Aus steht. Aber ist das wirklich so? Ist der Skitourismus in der Schweiz wirklich Schnee von gestern? Genau mit dieser Frage befasste sich Berno Stoffel, Direktor Seilbahnen Schweiz in seinem Referat, das er am 6. Sport Business Network Day der beiden Verbände ASMAS und SPAF gehalten hat.

«Der Skimarkt weltweit und auch in der Schweiz ist ein stagnierender Markt.»

– Berno Stoffel, Direktor Seilbahnen Schweiz

372 Millionen Skitage weltweit

Stoffel verwendete die ersten Minuten seines Vortrags bewusst dazu, die aktuelle Situation mit möglichst vielen Fakten und Zahlen zu beschreiben. Und sich nicht von Bildern von Baggern auf den Gletschern oder von weissen Schneebändern, auf denen – umgeben von grünen Wiesen – Ski gefahren wird, emotional täuschen zu lassen. Sein Fazit: «Der Skimarkt weltweit und auch in der Schweiz ist ein stagnierender Markt.» Von dramatischen Einbrüchen oder gar dem Aus des Skimarktes keine Spur.

Hier die wichtigsten Zahlen, die Stoffel in seinem Referat zur aktuellen Situation präsentiert hat. Weltweit gab es in der Saison 2022/23 insgesamt 372 Millionen Skitage. 40 Prozent davon wurde in den Alpenregionen erzielt. Die Länder, die für die meisten Skitage pro Jahr verantwortlich sind, sind Amerika (ca. 60 Millionen Skitage) gefolgt von Österreich und Frankreich mit je rund 40 Millionen. Die Schweiz ist für 22,3 Millionen Skitage pro Jahr verantwortlich. Zwei Drittel dieser Skitage bestreiten die Schweizerinnen und Schweizer selbst. «In der Schweiz wird also immer noch viel Ski gefahren – gerade auch bei den Jungen. Bei den 10- bis 14-Jährigen fahren gemäss neusten Zahlen 59 Prozent Ski. Damit ist der Skisport der beliebteste Sport in dieser Altersklasse», so Stoffel.

Viele Herausforderungen

In der Folge präsentierte Stoffel auch die wichtigsten Kennzahlen zur Wertschöpfung: 753 Millionen Franken beträgt der Umsatz der Bergbahnen in der Saison 2022/23. Für die Destinationen, in denen die Bergbahnen liegen, ist der Umsatz gar noch sechs Mal höher. 18’000 Personen arbeiten bei den Bergbahnen, 300 davon absolvieren ihre Ausbildung in dieser Branche. Wenn man sich diese Zahlen zu Gemüte führt, stellt man sich unweigerlich die Frage: Wo liegt denn das Problem für die Bergbahnen und den Skitourismus in der Schweiz? Das klingt doch alles ganz positiv.

«Frequenz, Umsatz und Wertschöpfung stimmen», sagt denn auch Berno Stoffel. «Doch es gibt auch eine viele Probleme und Herausforderungen.» Und die führt er in der Folge aus. Hier die wichtigsten Punkte in Kurzform: Viele Bergbahnen in der Schweiz sind in die Jahre gekommen und müssen ersetzt werden, was sehr viel kostet. Die Kosten für den Bau und Betrieb von Bergbahnen sind in den letzten drei Jahren um fast 20 Prozent gestiegen. Dies führt dazu, dass die Finanzierbarkeit von Investition immer schwieriger wird. Auch die Verfügbarkeit von Energie und Wasser ist ein grosses Thema, genauso wie der Fachkräftemangel, die Inflation und dem starken Schweizer Franken.

Mehr Beschneiung und Snowfarming

Und dann ist da natürlich noch der Klimawandel, der unbestritten grosse Auswirkungen auf den Skitourismus in der Schweiz haben wird. Schon heute werden 54 Prozent der Skipisten in der Schweiz mit technischem Schnee aus Schneekanonen präpariert. Zum Vergleich: Im Südtirol sind es 90 Prozent und in Österreich 70 Prozent. «Die Beschneiung und auch das Snowfarming werden in der Schweiz in Zukunft mit Sicherheit noch wichtiger werden», sagt Stoffel. Dies vor allem deshalb, weil die Klimamodelle zeigen, dass Skigebiete, die unterhalb von 1800 Metern über Meer liegen mit den steigenden Temperaturen zu kämpfen haben werden. «Die Skigebiete werden künftig in höher gelegene Anlagen investieren, weil dort die Schneesicherheit länger gewährleistet ist», so Stoffel.

Neben der Beschneiung, dem Snowfarming und den Investitionen in höher gelegene Anlagen bringt Berno Stoffel noch einen weiteren Punkt ins Spiel: die Diversifikation. «Die Schweiz ist in Bezug auf die Erweiterung des Angebots im Winter sehr gut aufgestellt im Vergleich zu anderen Ländern. Aber es ist noch mehr möglich. Beispielsweise können tiefer gelegene Skigebiete mit Skigebieten in höheren Lagen eine Kooperation eingehen oder die Sommer- und Herbstangebote können ausgebaut werden», sagt Stoffel. Das Fazit seines Referats: «Der Skisport hat in der Schweiz eine Zukunft – wenn wir sorgfältig handeln.»